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Leichenberg 09/1995

 

Es ist immer wieder bedauerlich zu sehen, wie Autoren jeglichen Geschlechts Konzepte, die einmal künstlerisch gut und sinnvoll waren, dann zu Tode reiten, wenn sie obendrein erfolgreich waren. Carl Hiaasen hat in seinen bisherigen Romanen Wut, Angriffslust und Komik zu wunderbar schrillgemeinen literarischen Stinkbomben gefügt und damit rasenden Erfolg gehabt. Nachtclub (Goldmann) ist leider nur noch ein sympathischer, mittlerer Roman, dessen dürre Handlung (durchgeknallter Kongreßabgeordneter im Dienste der Zuckerindustrie sabbert hinter Striptease-Tänzerin her) nicht für 514 Seiten reicht. Übrig bleibt vom geballten Furor Hiaasens der Sinn für absurde Anekdoten und bizarre Figuren und ein mehr oder weniger waches soziales Gewissen. Aber leider reiht er diese Komponenten nur aneinander - und das reicht nicht für den Maßstab, den er selbst einmal gesetzt hat. Was er aber sicher nicht verdient hat, ist die Behandlung, die ihm sein deutscher Verlag angedeihen läßt: Das Lektorat (hat es überhaupt stattgefunden?) sollte sich schon entscheiden wollen, ob eine Figur "Mr. Peepers" oder "Mr. Peppers" heißt, um nur ein Beispiel zu nennen. Es ist ja okay, daß man auch einmal ein schwächeres Buch eines sonst hochgeschätzten Autors macht, aber man muß ja nicht noch draufschreiben, daß man sich dafür nicht besonders engagieren will.

Auch Patricia Cornwell leidet entweder an Einfallslosigkeit oder ist ihrem eigenen Konzept gegenüber blind geworden: Ihre Romane um die Gerichtspathologin Kay Scarpetta hatten bislang aus der Perspektive der Heldin faszinierendes Kapital schlagen können. Das geheime ABC der Toten (Droemer Knaur) bezieht den Rest Spannung wiederum von akribischen Verfahrensberichten aus der Welt der Kriminaltechnik, aber das reicht nicht, um Literatur zu sein. Interessanterweise ist ein gewisser feministischer Furor bei gewissen Autorinnen und auch bei Frau Cornwell einem diesmal läppischen Kreuzzugsgedanken gewichen: Kampf den Rauchern! Ob amerikanische Verlage schon so gaga sind, daß sie mindest 20 Zeilen wider das Rauchen pro Roman vertraglich abfordern?

Kommen wir zu erfreulichen Dingen. Dazu gehört zweifelsohne die von Isaac Asimov, Martin H. Greenberg und Joseph D. Olander herausgegebene Anthologie 100 böse, kleine Krimis, die trotz des dummen Titels und trotz der merkwürdigen Präsentation (Bastei) ein Schatzkästlein voller fieser Kurz- und Kürzestgeschichten ist, die man nur so wegknabbert und die einen dann auch noch freudig zu einem weiteren Storyband von Jack Ritchie greifen läßt: Einzelhaft (Diogenes), eine der besseren Zusammenstellungen eines qualitativ sehr schwankenden Autors.

Good news und bad news aus der Abteilung Sachbuch. Die schlechte Nachricht zuerst. Statt Wolf Jahnke ein paar Gedanken zum Thema "Action-Filme" entwickeln zu lassen, preßt man ihn in das sowieso abwegige Konzept Die100 besten ... diesmal Action-Filme. (Heyne) Eine Seite pro Film, also Daten und Kommentare , die man in jedem Filmlexikon nachlesen kann.
Die gute: Eine packend geschriebene, penibel recherchierte George-Simenon-Biographie: Der Mann, der nicht Maigret war von Patrick Marnham (A. Knaus). Sie leidet höchstens ein klein wenig unter dem Übel aller angelsächsischen Biographien, auch das unwichtigste noch nachzurechieren. Aber schließlich kann man auch daran seine ruhig etwas verschrobene Freude haben.

© Thomas Wörtche

 

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