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Leichenberg 03/1998

 

Ich wußte gar nicht, daß rechts von Tom Clancy noch so viel Platz ist. Ist aber. Patrick Robinson mit seiner 461-Seiten-Schwarte Nimitz Class  (Heyne) läßt Clancy sogar wie ein liberales Weichei aussehen. "Typen, die in Bettücher gewickelt rumlaufen" wagen es doch tatsächlich, der US-Navy ihren schicksten Flugzeugträger unterm Arsch wegzuschießen. Das geht natürlich nicht, und deswegen räumt die US- Navy dann aber auf unter "Typen, die in Bettücher gewickelt rumlaufen", auch wenn's erstmal die Falschen erwischt - es trifft ja sowieso keine Unschuldslämmer, weil alle "Typen, die in ..." na, Sie wissen schon. Vermutlich die Art Buch, die sich die Kanthers und Becksteins dieser Welt auf's Nachtkastel legen. Wegtreten !

Sehr lobenswert, daß Goldmann alte S.A. Steeman-Krimis um Inspektor Wenceslas Vorobeitchik wieder auflegt. Allein dieser Name ist gigantisch. Die Nacht vom 12. zum 13.  aus dem Jahr 1931 ist ein wunderbares Stück opulenter Trivialliteratur vom Feinsten: "Die Limousine glitt wie ein leuchtendes Schiff schnell über den unbeweglichen Fluß des glänzenden Asphalts". Ich liebe solche Sätze. Nur möchten wir bitte Stanislas A. Steeman, den Belgier aus Liège nicht a) als "Klassiker des französischen Kriminalromans" angepriesen und b) nicht auf einer Ebene mit einem anderen Belgier angesiedelt haben (nein, nicht Hercule Poirot).

Auch Brian Castro spielt noch nicht in der Klasse seiner Landsmänner Arthur W. Upfield und William Marshall, dem Zwiegestirn der australischen Literatur. Dazu hantiert sein Roman Pomeroy  (von 1990), den Klett-Cotta jetzt vorlegt, viel zu unentschlossen mit den berühmten "Versatzstücken" aus Kriminalroman und Politthriller. Und dann will er eigentlich richtig feine Literatur machen - das aber geht dann daneben. Schade, denn ein paar Passagen aus Hongkong und Australien sind richtig gut. Wollen mal sehen, ob er sich inzwischen für eine Variante entschieden hat und warten das nächste Buch ab.

Angenehm überrascht bin ich vom zweiten Buch von Valerie Wilson Wesley: In Teufels Küche  (Diogenes). Das etwas penetrante Ebony-Lifestyle-Design ihres ersten Romans ("Ein Engel über deinem Grab") ist handfesteren Dingen aus der Black Community von Newark gewichen, und auch ihre Hauptfigur, PI Tamara Hayle, gewinnt allmählich Konturen. Wenn das zweite Buch besser ist als das erste, darf man sich auf's dritte freuen.

Ebenfalls eine angenehme Überraschung ist der neue Roman von John Grisham: Der Partner  (HoCa). Zwar hätte ein wirklicher Großmeister wie Ross Thomas 200 Seiten weniger gebraucht, um der Geschichte vom fiesen Anwalt, der alle aufs Kreuz legt (seine Partner, das FBI, finstere Industrielurche und andere Sympathen) und am Ende selbst dumm dasteht, wirklich giftige Züge abzugewinnen, aber für einen Konsens-Belletristen wie Grisham ist es einfach ein gutes, flinkes und wendiges Buch geworden. Bestseller müssen nicht grundsätzlich dumm sein.

Und: Der schmerzlich vermißte Howard Engel aus Toronto ist zurück auf dem deutschen Markt. Mit einem neuen Roman um seinen Privatdetektiv Benjamin Cooperman: Mit heiler Haut  (Ullstein) und allen Vorzügen von Engels Büchern. Kluge, nicht zu hoch gehängte Plots, nette giftige Beschreibungen von Land und Leuten, stiller Witz und lebendige, echte Personen, über die es etwas herauszufinden gilt. Wenn jetzt der zweite der "terrible Canadian twins", Eric Wright, auch wieder hierzulande erscheinen dürfte, wäre die Krimi-Landschaft ein bißchen weniger trüb.

© Thomas Wörtche

 

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