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Leichenberg 02/1998

 

Nachdem es den Politikos in den letzten Jahren gelungen ist, mit dem Vorschlaghammer "Innere Sicherheit" das Grundgesetz zu zerdeppern, meldet sich die hauptberufliche Satire zu Wort: Notschlachten. Die 7 Weltverbrechen  heißt das einschlägige Programm von Matthias Beltz, das man jetzt nachlesen kann (:Transit). Beltz gibt den Justizwachtmeister Kwiatkowski, und der spricht Sätze wie: "Das Amerikanische und das Englische sind nun mal das motherland of crime. Dort regieren the good, the bad and the ugly..." Das ist nicht lustig, nur blöd. Und die angebliche Vox Populi, die Beltz da vorführen möchte, ist beim Thema "Verbrechen" längst nicht so stumpf wie die interessierten Kreise, die Panik und Entsetzen schüren wollen, es gerne hätten. Beltz auch?

Und was soll's, langsam und umständlich eine völlig belanglose "Krimi"-Handlung aufzubauen - Dienstmädchen will herausfinden, wer von vier Jungmännern ein böser Mörder ist - und dann am Ende den alten Karnickel-aus-dem-Hut-Trick zu landen: Alles Phantasmagorie und Psychoschmonz: Die vier Söhne des Doktor March  von Brigitte Aubert (btb) ist das, was Kriminalliteratur gerade nicht sein soll: Ein völlig papiernes Mordrätsel, prätentiös aufbereitet und dann husch-husch irgendwie zum schiefen Ende gebracht. Ach, Simenon !

Weil Italien-Romane gerade schick sind, werden jetzt auch alte Exemplare ausgegraben und als schicke, teure Hardcover verkauft: Alptraum mit Signora  von Nino Filastò (Aufbau) stammt aus dem Jahr 1990, spielt in Florenz und und geht um Kunstfälschung. Das könnte ganz interessant sein. Nicht mehr interessant ist, daß der Herr Fälscher, natürlich, Serial-Killer sein muß. Drunter tat man's ja nicht, Anfang der 90er. Und deswegen hat man auch dieses Buch schon tausendmal gelesen.

Etwas mehr Substanz hat da Schlagzeilen  von Robert Richardson (Diogenes), ein Buch aus der schönen Welt der britischen Boulevard-Blätter der Prä-Blair-Zeit. Richardson geht sein wahrlich grobes und knalliges Thema leise und giftig an. Das tut dem Roman gut. Ebenso die weise Einsicht, daß bei den meisten Morden der Täter sozusagen auf der Leiche liegt. Und so ist die Geschichte vom Tod der Klatschkolumnistin Katrina Darcy nicht in eine Verschwörungstheorie gebettet, sondern sehr privat. Auch das Unspektakuläre kann spannend sein.

Sehr spannend ist wie (fast) immer der neue Roman von Ridley Pearson: Spur ohne Schatten  (Goldmann), unter anderem auch, weil er ohne Superhelden, Ultraschurken und Megaplot auskommt. Außerdem setzt er neue Technik erstaunlich sinnvoll ein: Zum Beispiel Geldautomaten. Und läßt dabei die Kirche im Dorf, denn die neue Technik erklärt nicht alles. Im Gegenteil.

Ein bißchen zuviel Super- und Kontrasuperschurken bietet P.T. Deutermanns Die Geheimnisse des Admirals Sherman  (Bastei). Das ist ein wenig schade, weil Deutermann sonst seinem Leitmotiv treu bleibt: Ein weites Feld des Organisierten Verbrechens sind große Behörden - hier das Pentagon. Nicht nur, weil sie qua Amt Verbrechen begehen (das ist politisch zu beurteilen), sondern weil ihre Strukturen aus Eigendynamik verbrecherisch werden müssen. Kafka mit Action.

Tip des Monats: Boomtown Blues  von Thomas Kelly (Limes), ein im wahrsten Sinn unterirdischer Roman aus den wilden 80ern, als New York City das Eldorado der Baubranche war. Und wer mischt überall im Baugeschäft mit? Richtig! Wie das geht, erzählt Kelly ohne Schnörkel, handfest und sehr überzeugend. Mit "Blues" hat es nix zu tun, der O-Titel heißt "Payback".

© Thomas Wörtche

 

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