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Eugene Izzi - Der letzte große Coup

 

Chicago am 7. Dezember 1996: Aus dem 14. Stock eines Bürogebäudes an der belebten Michigan Avenue hängt eine Leiche. Ein Seil führt vom Hals des Toten zum Fuß seines Schreibtisches. Der Mann trägt eine kugelsichere Weste, in seinem Büro finden die Ermittler einen Revolver und Reizgas. Ein Mord, der wie ein Selbstmord aussehen soll? Ein Selbstmord vielleicht, der an einen Mord erinnern soll?

Der Name des Opfers lautet Eugene Izzi. Izzi, nur 43 Jahre alt, ist einer der bekanntesten Thriller-Autoren Chicagos - ein Krimiautor, der mit den bizarren Umständen seines Todes selbst zu einem Fall für die Cops wird. Für die Mordtheorie spricht, dass Izzi nach einigen Recherchen innerhalb einer militaristischen Gruppe in Indiana tatsächlich kurz vor seinem Tode Morddrohungen erhalten hatte. Sogar seine Frau und seine beiden Kinder soll er an einen sicheren Ort gebracht haben. Der Büroraum allerdings, aus dessen Fenster Izzis Leiche hing, war verschlossen - ein Mörder, der nach seiner schändlichen Tat artig hinter sich die Tür verschließt?

Der Tod Izzis ist wahrlich selbst Stoff für einen Krimi. Und tatsächlich finden die Polizisten ein nicht veröffentlichtes Manuskript, in dem Izzi genau diesen Vorfall beschreibt: Ein Thriller-Autor wird in seinem Büro im 14. Stock überfallen und mit einem Seil um den Hals aus dem Fenster gestoßen. In Izzis Manuskript allerdings kann sich das Opfer retten. Hat der detailversessene Schriftsteller gar die Szene am eigenen Leib probiert und ist dabei zu Tode gekommen sein? Ein profaner Unfall?

Die Polizei von Chicago erkennt auf Selbstmord. Auch wenn er keinen Abschiedsbrief hinterlässt (und Freunde und Verwandte die Selbstmord-Theorie kategorisch von sich weisen), erkennen Kriminalpsychologen in Izzis letztem Manuskript das finale Vermächtnis eines depressiven Mannes, dem augenscheinlich weder Therapie noch Psychopharmaka aus den Abgründen seiner Seele zu helfen vermochten.

Auch wenn nicht alle Fragen geklärt sind, entbehrt es nicht einer gewissen Tragik, dass über den Tod Izzis mehr bekannt (respektive spekuliert) wurde als über sein Leben, das weitgehend im Dunkeln bleibt. Auf einer italienischen Internetseite findet sich eine kleine biographische Skizze: Eugene Izzi, meist schlicht "Guy" genannt, wurde 1953 in Chicago geboren. Er wuchs auf in einfachen Verhältnissen. Sein Vater war ein chronischer Alkoholiker, der es auf ein beträchtliches Vorstrafenregister gebracht hat. Auch Eugene Izzis Weg führte nicht gerade steil nach oben: Izzi hat die Highschool vorzeitig abgebrochen und sich zur Armee gemeldet (wo er später den Highschool-Abschluss nachholte). Nach dem Militärdienst kehrte Izze nach Chicago zurück und arbeitete in der Stahlindustrie. Gleich seinem Vater trieb sich Izzi in den Bars der Metropole rum und kam häufig mit dem Gesetz in Konflikt. Mit der Krise der Stahlindustrie und dem Verlust ungezählter Arbeitsplätze musste sich Izzi neu orientieren - Anfang der 80er Jahre besorgte er sich eine Schreibmaschine und versuchte sich, als Schriftsteller zu etablieren.

Der Erfolg freilich mochte sich zunächst nicht einstellen. In sechs Jahren schrieb Izzi sechs Romane - von denen kein einziger veröffentlicht wurde. Der siebte Versuch schließlich brachte den Durchbruch: »The Take« wurde von St. Martin's Press veröffentlicht und mit einem ordentlichen Vorschuss honoriert. Der Roman erzählt von dem Ex-Cop und Safeknacker Fabe Faletti, der sich nach einem letzten großen Coup endgültig zurückziehen will. Sein Pech allerdings, dass er neben dem vielen Geld auch ein totes Mädchen findet und sich schließlich mit der Mafia anlegen muss.

Der Roman nimmt viele Zutaten vorweg, für die auch die meisten der folgenden Izzi-Thriller stehen werden. Izzi erzählt von der Straße - seine Figuren sind Gangster und korrupte Polizisten. Häufig wiederkehrendes Motiv ist "der letzte große Coup", den seine Figuren durchziehen wollen, bevor sie sich zur Ruhe setzen - die eine große Chance nutzen, die das erbärmliche Leben bietet. Izzis Sprache ist rauh und bringt ihm bei den Rezensenten Vergleiche ein, die von James Ellroy bis Elmore Leonard reichen.

Izzis Romane verkaufen sich ordentlich und werden (meist) wohlwollend besprochen. Gleich drei seiner Thriller werden für den Edgar Allan Poe-Award nominiert. Der ganz große Durchbruch aber will ihm nicht gelingen - Izzi bleibt auch nach einem guten halben Dutzend Büchern in der zweiten Reihe der Krimi-Autoren hängen. Den großen Erfolg will Izzi 1992 mit seinem Roman »Tribal Secrets« landen, einem Roman um einen Mafia-Spross, der mit der Familientradition bricht und eine Fernsehkarriere anstrebt. Izzis Verlag Bantam zufolge floppt das Buch - und landet schon nach kurzer Zeit in den Ramschabteilungen der Kaufhäuser. Es kommt zum Bruch zwischen Autor und Verleger. Eine Übereinkunft sieht vor, dass Izzi die »Tribal Secrets«-Vorschüsse behalten darf, im Gegenzug aber drei Romane unter einem Pseudonym schreiben muss. Die Izzi-Romane »Bulletin from the Street«, »Safe Harbour« und »Players« erscheinen (zunächst) nur in England. in den USA ist Izzi bis zu seinem Tod im Dezember 1996 nur noch unter dem Pseudonym Nick Gaitano präsent, unter dem er eine dreiteilige Reihe um den Cop Jake Phillips von der Chicagoer Special Victims Unit publiziert.

Seine künstlerische Arbeit hat nie die ganz große Anerkennung gefunden - mit seinem spektakulären Tod indes schaffte es Izzi bis auf die Titelseiten der großen, überregionalen Zeitungen. Izzi war ein sehr produktiver Autor, der oft zwei Romane in einem Jahr publizierte. Vielleicht verhinderte eben diese Produktivität seinen Aufstieg in die erste Liga des Genres: Seine Thriller, so das Destillat vieler Kritiken, sind wie Rohdiamanten, der Feinschliff indes konnte nicht jeden übezeugen.

 

Romane:
The Take
[New York: St. Martin's Press, 1987]
[London: Grafton, 1989]
1987 Das Ende der Straße
[Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 1993]
Bad Guys
[New York: St. Martin's Press, 1988]
[London: Grafton, 1990]
1988
The Eighth Victim
[New York: St. Martin's Press, 1988]
1988
Booster
[New York: St. Martin's Press, 1989]
1989
King of the Hustlers
[New York: Bantam Books, 1989]
1989 Unerbittlich
[Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 1990]
The Prime Roll
[New York: Bantam Books, 1990]
1990 Ausgespielt
[Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 1991]
Invasions
[New York: Bantam Books, 1990]
1990 Eingekreist
[Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 1991]
Prowlers
[New York: Bantam Books, 1991]
1991 Eine dreckige Geschichte
[Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 1992]
Tribal Secrets
[New York: Bantam Books, 1992]
[London: Arrow, 1994]
1992
Tony's Justice
[New York: Bantam Books, 1993]
1993
Bulletin from the Street
[London: Arrow, 1995]
1995
Safe Harbour
[London: Arrow, 1995]
[New York: Avon Books, 1999 unter dem Titel Safe Harbor]
1995
Players
[London: Arrow, 1996]
1996
A Matter of Honor
[New York: Avon Books, 1997]
1997
The Criminalist
[New York: Avon Books, 1998]
1998

 

Als Nick Gaitano:
Special Victims
[New York: Simon & Schuster, 1994]
1994 Organjäger
[Wien, München: Europa-Verlag, 1995]
Mr. X
[New York: Simon & Schuster, 1995]
1995
Jaded
[New York: Simon & Schuster, 1996]
1996

 

Quellen und Links:

Robert Sech: Writer Biography - Eugene Izzi. Unter
http://tx.essortment.com/eugeneizzichic_rgcp.htm
Luca Conti: Eugen Izzi. Unter
http://www.gialloweb.net/recensioni/izzi.htm

 

© j.c.schmidt, 2005

 

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